Wir haben uns mit Sigrid Drage über Saatgutgewinnung unterhalten. Sie ist leidenschaftliche Permakulturisitin und promovierte Ökologin und hat das Buch “Wie du dein eigenes Saatgut gewinnst - und so ein kleines Stück die Welt rettest” geschrieben.
Es geht darum, dass man den gesamten Lebenszyklus einer Pflanze im eigenen Garten durchlaufen lässt. Damit eine Pflanze Samen produziert, muss sie blühen und bestäubt werden. Es muss also eine Befruchtung stattfinden und man muss der Pflanze die Zeit geben, die sie braucht, damit sich auch Samen entwickeln können. Dann werden diese Samen geerntet. Und je nachdem, ob das Samen sind, die in Früchten versteckt sind, wie zum Beispiel in Tomaten, in Kürbissen, in Zucchini, geht das ein bisschen anders, als wenn das Samen sind, die in Schoten drin stecken, wie zum Beispiel beim Rucola oder in Hülsen wie in Bohnen. Das heißt, man muss diese sogenannten Samenträger, die Samenstände, die die Pflanze dann ausbildet, auch erkennen und ernten und danach die Samen entnehmen und trocknen. Zuletzt werden diese Samen dann natürlich auch so aufbewahrt, dass man sie im nächsten Jahr wieder aussäen kann.
Ja, genau. Wenn man Samen erntet, wird man sich im nächsten Jahr dann nicht neue Pflanzen kaufen, sondern sich selbst um die Jungpflanzenanzucht kümmern, sich also selbst versorgen. Das heißt, diese Samen kann ich dann im nächsten Jahr für meine eigenen Jungpflanzen verwenden. Damit einher geht natürlich, dass ich Know-how für die Jungpflanzen Anzucht brauche. Das Thema eigenes Saatgut gewinen ist also ein sehr großer Schritt in Richtung naturnahes Gärtnern, weil man da ganz viel über den Lebenszyklus einer Pflanze lernt. Aber es gibt auch einfache Beispiele, mit denen man sich dem Thema annähern kann – Tomaten zum Beispiel oder Kürbis.
Die Saatgutgewinnung bei Fruchtgemüse ist meistens die einfachste Methode, weil die Samen in den Früchten stecken, die wir essen. Das heißt wichtig ist nur, dass die Früchte ausgereift sind, bevor man sie erntet. Dabei muss aber berücksichtig werden, dass Reife nicht unbedingt bedeutet, dass sie auch den richtigen Reifepunkt zum Verzehr haben. Bei Tomaten bedeutet Verzehrreife auch gleichzeitig Samenreife. Bei Zucchini ist das allerdings anders: Am besten schmecken sie, wenn sie 10-20cm groß sind. Damit wir aber reife Samen ernten können, müssen wir warten, bis die Frucht größer, ca. 40cm, wird.
Samen haben ja, wenn sie fertig und ausgereift sind, einen sehr geringen Wassergehalt. Wichtig bei Saatgut ist nämlich, dass es trocken ist, damit man es für die nächste Saison gut lagern kann. Bei Fruchtgemüse müssen die Samen nach dem Entnehmen getrocknet werden. Bei vielen anderen Pflanzen bildet sich allerdings an der Pflanze schon trockenes Saatgut aus, das man daran erkennt, dass es raschelt, z.B. trockene Schoten oder Blütenstände. Beispiele wären da Rucola oder Bohnen, die blühen und werden bestäubt, so findet die Befruchtung statt und dann entstehen die Samen in trockenen Samenständen und bei den Bohnen in Hülsen. Da geht es dann darum zu warten, bis die Samen tatsächlich reif und trocken sind.
Ja, da Problem besteht bei Pflanzen, die Samen ganz offen präsentieren. Zum Beispiel der Salat wäre so ein Beispiel oder auch die Ringelblume. Da trocknen die Samen auch direkt an der Pflanze, aber sie sind eben nicht irgendwo drin versteckt, sondern sie werden auf dem Samenstand, der davor die Blüte war, ganz offen präsentiert und fallen herunter oder werden vom Wind weggetragen. Das heißt bei diesen Pflanzen muss man dann wirklich den richtigen Zeitpunkt erwischen, damit man selbst auch etwas abbekommt.
Es gibt Gemüsesorten, wie den Salat zum Beispiel, die ich nicht essen und gleichzeitig Samen gewinnen kann. Natürlich kann man da einzelne Blätter abzupfen, aber das reicht meistens nicht für eine reichliche Mahlzeit. Das heißt, man muss da wirklich im Idealfall die schönsten Köpfe stehen lassen und dann warten, bis der Salat schießt, also bis er einen Blütenstand ausbildet. Es ist auch so, dass die Pflanze dann nicht mehr genussreif ist, weil die Blätter ganz oft bitter werden. Der Salat ist ein Selbstbestäuber, in der Blüte findet also Bestäubung und Befruchtung statt, was sehr praktisch ist, denn dann brauche ich wirklich nur einen oder zwei Salate um genug Saatgut zu bilden.
Der Salat schaut, wenn er blüht, tatsächlich ein bisschen so aus, wie ein kleiner Löwenzahn, also eine Pusteblume. Das heißt, die Samen sind flugfähig und können einfach vom Wind vertragen werden. Das heißt, sobald ich sehe, dass ein Samenstand tatsächlich schon aufgeht, dann ist es höchste Zeit, den Samen abzuschneiden, in eine Papiertüte zu stecken und dann an einem trockenen Ort über Nacht trocknen zu lassen. Und dann kann ich ihn ernten, also die Samen rausschütteln und reinigen.
Da gibt es ein paar ganz wichtige Grundsätze. Erstens, das habe ich vorher schon erwähnt, Saatgut ist trocken, muss trocknen, damit es wirklich reif ist. Das heißt, ich muss das auch in diesem trockenen Zustand erhalten. Das heißt, ein Raum, der einfach trocken ist, ist eine wichtige Voraussetzung dafür. Es darf keine Feuchtigkeit da sein, weil die Samen sonst quellen würden, vielleicht auch keimen, schimmeln oder faulen würden. Zweitens: Im Idealfall gibt es einen Raum, wo die Temperaturschwankungen nicht allzu groß sind und es nicht zu warm ist. Wir lagern unser Saatgut in einem trockenen und dunklen Raum, in dem es 15 bis 20 Grad sind. Und ganz wichtig ist dann natürlich noch, dass keine Mäuschen oder Motten usw. an das Saatgut kommen.
Daher eignen sich am besten Gläser zur Lagerung. Ich sammle z.B. meine Tomatensamen in Papiertüten und bewahre alle zusammen in einem Einmachglas mit der Aufschrift Tomaten auf. Und ganz wichtig ist dann immer auch noch, dass ich die Jahreszahl der Ernte dazu schreibe, neben den Informationen der Sorte, weil natürlich die Keimfähigkeit von Samen nicht ewig ist, jede Pflanzenart hat auch unterschiedliche Keimffähigkeiten.
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